Korsakow
Themen
Korsakow-Syndrom
Von Torben Riener
Das Korsakow-Syndrom (Morbus Korsakow) ist
eine Erkrankung des Gehirns, die sich vor allem durch starke
Gedächtnisstörungen äußert und dem amnestischen Syndrom zugeordnet wird. Die
Krankheit entsteht meist nach jahrelangem und starkem Alkoholkonsum. Die
Störungen sind auch bei fachgerechter Therapie in der Regel nicht vollständig
umkehrbar. Lesen Sie hier mehr über die Symptome, den Verlauf, die Ursachen und
die Prognose des Korsakow-Syndroms.
ICD-Codes für diese Krankheit:
ICD-Codes sind
international gültige Verschlüsselungen für medizinische Diagnosen. Sie finden
sich z.B. in Arztbriefen oder auf Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.
F10
Kurzübersicht
- Symptome: Dauerhafte Gedächtnisstörung und unbewusste Lügen (Konfabulation), bei Wernicke-Enzephalopathie mit Verwirrtheit, Augenproblemen und/oder Bewegungs-/Koordinationsstörungen
- Krankheitsverlauf und Prognose: Frühe Behandlung wichtig, teilweise sind die Gedächtnisstörungen dauerhaft, unbehandelt auch lebensbedrohlich
- Ursachen und Risikofaktoren: Meist infolge eines schweren Vitamin-B1-Mangels, verursacht durch starken, langjährigen Alkoholmissbrauch, aber auch durch andere Erkrankungen, die zu einer Mangelernährung führen, sowie durch Erkrankungen des Gehirns möglich
- Diagnostik: Anhand der Symptome, bestimmte Untersuchungen für eindeutige Diagnose gibt es nicht
- Behandlung: Vitamin-B1-Gabe, Therapie der Grunderkrankung
- Vorbeugen: Therapie der Grunderkrankung, bei Alkoholsucht oder Mangelernährung auf Ernährung achten, gegebenenfalls zusätzliche Einnahme von Vitamin B1
Welche Symptome
verursacht das Korsakow-Syndrom?
Zu
Anfang zeigt sich das Korsakow-Syndrom mit unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit oder Abgeschlagenheit, Agressivität oder Kopfschmerzen. Später kommt es zu Gedächtnisstörungen, dabei ist sowohl das
Kurz- als auch das Langzeitgedächtnis betroffen.
Menschen
mit dieser Erkrankung wirken häufig sehr konfus und desorientiert auf ihre
Mitmenschen. Sie sind beispielsweise nicht oder kaum mehr in der Lage, sich
neue Informationen zu merken. Gerade noch Gesagtes oder miteinander
Besprochenes ist unter Umständen einen Moment später bereits wieder
„verschwunden“.
Oftmals
vergessen Menschen mit einem Korsakow-Syndrom auch weiter zurückliegende Dinge:
Sie wissen dann eventuell nicht, wo sie sind (beispielsweise im Krankenhaus),
was dieser Mensch in ihrem Zimmer (der Arzt) von ihnen will oder wie dieser
heißt – auch, wenn sie schon mehrere Tage/Wochen im Krankenhaus sind und der
Arzt sie mehrmals täglich behandelt. Ebenso kommt es vor, dass sie sich nicht
oder kaum mehr an die Zeit unmittelbar vor dem Auftreten des Korsakow-Syndroms
oder vor der Aufnahme ins Krankenhaus erinnern.
Teilweise
ist auch das Langzeitgedächtnis von einem Morbus Korsakow betroffen. In diesem
Fall erinnern sich Betroffene mitunter nicht mehr an biografisch bedeutende
Dinge, beispielsweise den Tod eines nahestehenden Menschen oder eine
Trennung.
Charakteristisch
für Menschen mit einem Korsakow-Syndrom ist deren starke Neigung, unbewusst
Lücken in ihrer Erinnerung mit frei erfundenen Inhalten zu füllen
(Konfabulieren). Patienten antworten dann beispielsweise auf die Nachfrage, was
sie am Tag zuvor gemacht haben, dass sie in der Stadt einkaufen waren – auch,
wenn sie schon seit Wochen durchgängig im Krankenhaus sind.
Der
Arzt wird auf einmal zum Steuerberater (und das Krankenhaus zum Steuerbüro), da
der Patient ihn nicht mehr als Arzt erkennt und diese Lücke anderweitig
auffüllt. Dieser Vorgang ist den Betroffenen selbst nicht bewusst und geschieht
dementsprechend nicht absichtlich; es handelt sich also nicht um bewusstes
Lügen oder Täuschen.
Zusätzlich
zu diesen Symptomen wirkt sich ein Korsakow-Syndrom auf die Persönlichkeit
betroffener Menschen aus. So sind Erkrankte oft wesensverändert und erscheinen
in manchen Fällen unangemessen heiter oder zeigen sich distanzlos sowie sehr
niedergeschlagen oder passiv.
In
den meisten Fällen geht dem Korsakow-Syndrom die sogenannte
Wernicke-Enzephalopathie voraus. Sie ist zudem gekennzeichnet durch folgende
Symptome:
- Seh- und Augenbewegungsstörungen
- Probleme mit Bewegungsabläufen wie dem Gehen
- Generelle Verwirrtheit, Bewusstseins- und Gedächtnisstörungen
Korsakow-Syndrom:
Krankheitsverlauf und Prognose
Dem
Korsakow-Syndrom geht im Großteil der Fälle (85 Prozent) eine
Wernicke-Enzephalopathie voraus. Beiden liegt meistens ein Vitamin-B1-Mangel zugrunde. Die Wernicke-Enzephalopathie
tritt meist plötzlich auf (akut) und ist behandelt zumindest teilweise
umkehrbar. Das Korsakow-Syndrom ist dagegen meist dauerhaft (chronisch) und
bildet sich häufig nicht vollständig zurück.
Bei
etwa einem Viertel der Patienten mit Korsakow-Syndrom sind die mentalen
Fähigkeiten so stark beeinträchtigt, dass ein selbstständiges Leben ohne Hilfe
nicht mehr möglich ist. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass ein
Gedächtnistraining im Rahmen einer Rehabilitation bestimmte
Gedächtnisfunktionen mitunter positiv beeinflusst.
Maßgeblich
für den Krankheitsverlauf und die Prognose ist, dass die
Wernicke-Enzephalopathie frühzeitig erkannt und behandelt wird, sodass kein
Korsakow-Syndrom entsteht. In vielen Fällen werden beide Erkrankungen jedoch
nicht erkannt. Unbehandelt geht der Großteil der Patienten mit einer
Wernicke-Enzephalopathie in ein Korsakow-Syndrom über (circa 80 Prozent).
Sofern
das Korsakow-Syndrom beziehungsweise die Wernicke-Enzephalopathie nicht
behandelt werden, ist die Prognose schlecht, etwa jeder fünfte Patient
verstirbt dann an der Erkrankung.
Entscheidend für die
Prognose ist die erfolgreiche Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung wie Alkoholabhängigkeit
oder eine Essstörung.
Wie entsteht
das Korsakow-Syndrom?
Korsakow-Syndrom
durch Vitamin-B1-Mangel
Die
häufigste Ursache für das Korsakow-Syndrom ist ein schwerer Vitamin-B1-Mangel.
In der Regel erkranken vor allem jene Menschen an einem Korsakow-Syndrom, die
schon lange starke Alkoholprobleme haben. Ein chronischer und starker
Alkoholmissbrauch ist die Hauptursache. Dabei entwickelt sich zunächst eine
bestimmte Form der Gehirnentzündung, eine sogenannte Wernicke-Enzephalopathie,
die dann ein Korsakow-Syndrom nach sich zieht. Mediziner sprechen in diesem
Zusammenhang auch von einem Wernicke-Korsakow-Syndrom.
Die
Ursache für eine Wernicke-Enzephalopathie liegt in einem schweren Mangel an
Vitamin B1 (Thiamin), der nach und nach das Gehirn schädigt. Mediziner gehen davon aus, dass die Betroffenen
anschließend das Korsakow-Syndrom entwickeln, wenn bestimmte erbliche
Voraussetzungen gegeben sind.
Ein
Vitamin-B1-Mangel tritt bei schwer alkoholkranken Menschen deshalb auf, weil
diese außer alkoholischen Getränken häufig keine oder fast keine Nahrung mehr
zu sich nehmen. Eher selten entsteht ein Thiamin-Mangel auch bei nur leicht
alkoholkranken Menschen.
Es
gibt weitere Erkrankungen, die zu einem Vitamin-B1-Mangel führen:
- Schwere Essstörungen
- Chronisches Erbrechen oder Durchfall
- Krebserkrankungen und Chemotherapie
- Bösartige Veränderungen des Magen-Darm-Trakts
- Erkrankungen der Nieren
Zudem
haben Menschen, die im Krankenhaus über Infusionen ernährt werden (parenterale
Ernährung), unter bestimmten Umständen ein Risiko, einen schweren
Vitamin-B1-Mangel zu entwickeln. Dies ist besonders dann der Fall, wenn der
Thiamin-Spiegel bereits vor Beginn der Infusionen durch Alkoholmissbrauch,
Essstörungen oder andere Erkrankungen stark erniedrigt ist.
Andere Ursachen
für das Korsakow-Syndrom
Zu
einem Korsakow-Syndrom (Morbus Korsakow) kommt es unter Umständen auch ohne
vorhergehenden Vitamin-B1-Mangel. Andere Ursachen für das Korsakow-Syndrom sind
beispielsweise schwere Kopfverletzungen, Schlaganfälle, bösartige Veränderungen
und/oder operative Eingriffe am Kopf sowie durch Viren verursachte Entzündungen des Gehirns.
Was ist das
Korsakow-Syndrom?
Das
Korsakow-Syndrom ist eine Erkrankung des Gehirns, welche die Gedächtnisleistung
stark vermindert: Betroffene wirken auf Außenstehende meist konfus und
desorientiert und füllen auftretende Gedächtnislücken mit frei erfundenen
Sachverhalten (Konfabulieren).
Wie wird das
Korsakow-Syndrom festgestellt?
Das
Korsakow-Syndrom stellt der Arzt vor allem anhand der vorliegenden Symptome
fest. Häufig reicht dem Arzt schon ein Gespräch mit Patienten sowie eventuell
mit Angehörigen oder Pflegern, um einen Verdacht auf ein Korsakow-Syndrom zu
bekommen. Insbesondere bei bekannter Alkoholabhängigkeit und einer vorangegangenen
Wernicke-Enzephalopathie liegt die Vermutung nahe, dass ein Korsakow-Syndrom
vorliegt.
Aber
auch Kopfverletzungen und -operationen sowie Gehirnentzündungen anderer Ursache
in der Krankengeschichte sind für den Arzt wichtige Hinweise, die zur Diagnose
Korsakow-Syndrom führen. Zudem versucht er durch weitere Untersuchungsmethoden
das Korsakow-Syndrom von anderen Erkrankungen mit Gedächtnisstörungen wie
beispielsweise einer Demenz-Erkrankung abzugrenzen.
Beim
Gespräch erfragt der Arzt vor allem Risikofaktoren, die im Zusammenhang mit
einem Vitamin-B1-Mangel stehen. Er untersucht den Betroffenen auf ungewöhnliche
Augenbewegungen und bewertet die Gedächtnisfunktion und den
Bewusstseinszustand. Allerdings sind die Anzeichen eines Korsakow-Syndroms nicht
immer eindeutig, weshalb die Erkrankung häufig nicht erkannt wird.
Da
die Blutuntersuchung auf einen Vitamin-B1-Mangel häufig
einige Tage in Anspruch nimmt und zudem nicht immer eindeutige Ergebnisse
erzielt, erhalten insbesondere alkoholkranke Menschen schon vor dem endgültigen
Feststehen der Diagnose Vitamin B1. Bessern sich die Symptome nach Gabe
von Vitamin B1, ist auch dies für den behandelnden Arzt ein wichtiger Hinweis für
die Diagnose des Wernicke-Korsakow-Syndroms.
Es
gibt keine spezifischen Untersuchungen, anhand derer das Korsakow-Syndrom
diagnostizierbar ist. Um andere Erkrankungen wie bösartige Wucherungen im Kopf,
Schlaganfälle, Virusinfektionen des Gehirns und Hirnschäden anderer Ursache
auszuschließen, führt der Arzt in vielen Fällen trotzdem folgende
Untersuchungen durch:
- Blutuntersuchungen
- Aufnahmen des Schädelbereichs (Computertomografie, CT und/oder Magnetresonanztomografie, MRT)
- Hirnstrommessung (EEG)
- Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit (Liquordiagnostik)
Wie wird das
Korsakow-Syndrom behandelt?
Ein
Wernicke-Korsakow-Syndrom, das durch einen schweren Vitamin-B1-Mangel
verursacht wurde, wird generell durch die Gabe von Vitamin B1 behandelt. Zu
Anfang meist mittels Infusion, später auch in Form von Tabletten. Es lässt sich oft nicht
ermitteln, in welchem Stadium sich die Erkrankung befindet, also ob es sich
noch um eine Wernicke-Enzephalopathie handelt oder ob sich daraus bereits ein
Korsakow-Syndrom entwickelt hat. Die Therapie wird meist solange fortgeführt,
bis sich eine Verbesserung der Symptome einstellt.
Im
Rahmen des Mangelzustandes ergänzen die behandelnden Ärzte falls notwendig
weitere Vitamine oder Elektrolyte. Elektrolyte sind beispielsweise Kalium, Natrium, Kalzium oder Magnesium. Bei einem Korsakow-Syndrom wird häufig auch Magnesium
verabreicht. Dieses ist notwendig, damit das zugeführte Vitamin B1 richtig
wirkt. Daneben benötigen Menschen mit dem Korsakow-Wernicke-Syndrom oft eine
zusätzliche Energiezufuhr in Form von einer Glukose/Blutzucker-Gabe.
Zudem
ist es wichtig, die einem Wernicke-Korsakow-Syndrom zugrundeliegenden
Erkrankungen wie Alkoholismus oder Essstörungen zu behandeln. Ansonsten
richtet sich die weitere längerfristige Behandlung nach den individuellen
Problemen des Patienten. Beispielsweise ist es gelegentlich hilfreich, einen
Ernährungsberater, Neurologen, Neuropsychiater oder einen Sozialarbeiter
hinzuzuziehen. Ziel ist hier stets, dass die betroffene Person ihren Alltag
trotz krankheitsbedingter Defizite so gut wie möglich meistert.
Neuere
Untersuchungen haben gezeigt, dass Rehabilitationsmaßnahmen, die sich auf die
Verbesserung von bestimmten Gedächtnisstörungen konzentrieren, in manchen
Fällen die Gedächtnisleistung beim Korsakow-Syndrom verbessern. Dadurch lässt
sich bei einigen Betroffenen die Selbstständigkeit wieder positiv beeinflussen.
Kann man dem
Korsakow-Syndrom vorbeugen?
Für
ein Korsakow-Syndrom gibt es viele verschiedene Ursachen, und nicht allen lässt
sich vorbeugen. Menschen mit Alkoholproblemen oder senken die
Wahrscheinlichkeit, an einem Korsakow-Syndrom zu erkranken, jedoch deutlich,
indem sie sich in ärztliche Behandlung begeben. Hierdurch vermindern sie das
Risiko für eine Wernicke-Enzephalopathie deutlich, wie sie infolge eines
Vitamin-B1-Mangels bei alkoholkranken und essgestörten Menschen häufig
auftritt. Damit wird dann auch dem Korsakow-Syndrom vorgebeugt.
Bei
Patienten, die nicht in der Lage oder willens sind, ihren starken Alkoholkonsum
einzuschränken, ist eine normale und gesunde Ernährung besonders wichtig. In
manchen Fällen hilft es, Vitamin B1 vorbeugend einzunehmen, um eine Erkrankung
zu verhindern. Für andere Risikogruppen eines Vitamin-B1-Mangels, wie
beispielweise Menschen, die unter chronischem Erbrechen oder chronischen
Durchfällen leiden, ist es ratsam, eine Ernährungsberatung in Betracht zu
ziehen.